Klänge der
Frühen Neuzeit

Inmitten der Geräusche des tobenden Krieges erklang jedoch auch festliche Musik, etwa als der portugiesische König João V. die Wiener Erzherzogin Maria Anna von Österreich, die Tochter Kaiser Leopolds I., heiratete. 1708, eskortiert von der englischen Flotte und unterstützt von günstigen Winden, erreichte das Schiff der Königin rasch Lissabon. Ihr Einzug wurde in der Stadt groß gefeiert. Um sie an Land auf dem Terreiro do Paço zu bringen, wurde vorübergehend sogar eine prächtig dekorierte Brücke errichtet. Als Maria Anna diese bestieg, waren Glockengeläut und Kanonenschüsse aus den umliegenden Festungen zu hören.

Jahre später, nach ihrer Hochzeit mit Ferdinand VI. von Spanien, genoss auch die portugiesische Prinzessin Maria Barbara großartige musikalische Kreuzfahrten auf dem Tejo, die vom königlichen Schloss in Aranjuez aus begannen und vom berühmten Kastraten Farinelli organisiert wurden. Nach Angaben der Sänger reisten „8 Musiker, Farinelli und seine Majestäten auf der Falúa Real“. Die Fregatte San Fernando y Santa Barbara beförderte hingegen „die Damen, ihre Begleiterinnen und 15 Instrumentalisten.“

Die Fahrt auf dem Fluss Tejo rief in Barbara Erinnerungen an Portugal wach, das Land, das sie 1729 im Zuge des berühmten ‚Austauschs der Prinzessinnen‘ auf dem Wasserweg über den Fluss Caia hinter sich gelassen hatte, um die Gemahlin des zukünftigen Königs von Spanien zu werden. Zur gleichen Zeit empfang dessen Bruder José, selbst künftiger König von Portugal, Mariana Vitoria von Bourbon als seine Frau. In ihrer Erinnerung konnte sie noch immer den Klängen der ‚harmonischen Komödie‘ Amor aumenta el valor lauschen, die von José de Nebra komponiert worden war. Dieses Werk wurde damals in Lissabon vom spanischen Botschafter, Marqués de los Balbazes, in Auftrag gegeben und anlässlich der Doppelhochzeit aufgeführt.

In Spanien setzte Maria Barbara ihren Musikunterricht bei Scarlatti fort. Sie wurde eine versierte Cembalistin und übte sich gleichzeitig im Hoftanz, einer weiteren ihrer Leidenschaften. Einige Zeitgenossen erwähnen die Anmut, mit der sie das Menuett tanzte, und der englische Botschafter in Spanien berichtete sogar, dass Maria Barbara ihren Lebensunterhalt mit dem Tanzen hätte verdienen können, wenn sie nicht von königlichem Blut gewesen wäre.

Zur Zeit der Doppelhochzeit arbeitete der römische Architekt Antonio Canevari an der Erweiterung des Turms der alten königlichen Kapelle von Lissabon, die 1716 in den Patriarchenrang erhoben worden war, um die prachtvollen Glocken unterzubringen, die König João V. in Auftrag gegeben hatte. Der monumentale Glockenturm sollte Glocken verschiedener Größen beherbergen, darunter auch die riesige Archisino, die 874 Arrobas (13,11 Tonnen) wog! Ihr kraftvoller Klang war beeindruckend. Je nach Wind konnte man sie „im ganzen Ribatejo“ und an Heiligabend sogar in Santarém hören.

Als König José I. und Mariana Vitoria 1750 den portugiesischen Thron bestiegen, fassten sie aufgrund ihrer Leidenschaft für italienische Musik den Entschluss, neue Theater in den Königspalästen zu errichten. Innerhalb von drei Jahren wurden vier Theater gebaut!

Mit diesem Projekt wurde der Bühnenbildner Giovanni Carlo Bibiena, Sohn des berühmten Francesco Galli Bibiena, betraut. In Lissabon errichtete Bibiena ein prächtiges Theater: das Königliche Opernhaus am Tejo, in dem Opern mit atemberaubender Bühnengestaltung aufgeführt wurden. In diesem Kontext wurden unter anderem der neapolitanische Komponist David Perez und berühmte Kastraten wie Giziello und Cafarelli engagiert.

Auf Bestreben von Maria Barbara und Fernando VI. war auch Spanien geprägt von großen Investitionen in die Künste. Darunter fällt die Gründung der Königlichen Akademie der Schönen Künste von San Fernando in Madrid. Die Capilla Real und die Real Cámara gewannen neue Bedeutung. Farinelli leitete die königlichen Theater und produzierte beeindruckende Aufführungen mit fantastischen Bühnenbildern von Francesco Battaglioli und Jacopo Amigoni, bei denen namhafte Sänger auftraten. Zu Farinellis weitreichendem Netzwerk gehörten Berühmtheiten wie der Librettist Metastasio.

Nach dem Erdbeben wurde der Opernbetrieb schrittweise wieder aufgenommen und die Hoftheater, insbesondere das Teatro de Salvaterra, erlangten einen Teil ihrer Pracht zurück. Unter Mitwirkung der Italiener Giacomo Azzolini und Petronio Mazzoni, die jeweils für das Bühnenbild und für eine ausgefeilte Bühnenmaschinerie verantwortlich zeichneten, wurden dort Opern aufgeführt, die das Publikum auch visuell beeindruckten.
Die Oper La Vera Costanza von Jerónimo Francisco de Lima ist hier ein gutes Beispiel, da es mit einem tosenden Sturm auf dem Meer beginnt und die Möglichkeit bot, mit eindrucksvollen szenografischen Techniken zu experimentieren.

Jerónimo Francisco de Lima war auch einer der Komponisten, die Musik für eine weitere iberische Doppelhochzeit schrieben. 1785 heiratete João – der spätere João VI. von Portugal – Carlota Joaquina, die Enkelin von Carlos III. von Spanien. Zeitgleich heiratete Mariana Victoria Josefa den Infanten Gabriel von Bourbon, den Sohn des spanischen Herrschers. Wieder einmal gab es nach einer Prozession nach Vila Viçosa einen „Austausch der Prinzessinnen” in Caia, bei dem neben vielen anderen Instrumenten auch die 24 Trompeten und Pauken des Königshauses ertönten.